Seit Mitte Dezember sind wir in Dunkerque, im Norden Frankreich, vor Ort. Wir arbeiten in Kooperation mit Rastplatz – einer Volontärgruppe aus Basel.
Das Camp, mit schätzungsweise 2500+ Geflüchteten, liegt nahe der Hafenstadt Dunkerque in Grande-Synthe. Ein ehemaliger Park hat sich in ein Flüchtlingscamp verwandelt. Dass sich bis anhin an diesem Ort ein Park befand ist nicht mehr offensichtlich. Es dominiert vorallem der Schlamm, der sich durchs ganze Camp zieht. Dieser knöchelhohe Schlamm erschwert zusätzlich die Lebensumstände. Im Dreck reiht sich Zelt an Zelt. Vorwiegend werden diese von jungen Kurden bewohnt, aber wir begegnen auch vielen Familien. Die Geflüchteten nennen das Camp ‘Jungle ’.
Da der ‘Jungle’ zu 95% kurdisch dominiert ist, nennt man ihn auch ‘Little Kurdistan’.
Die Infrastruktur besteht hauptsächlich aus zwei Müllcontainern, Toi-Toi Toiletten, einer Wasserstelle, einem ‘Männerzelt’, einem ‘Frauen- und Kinderzelt’ (es besteht keine Geschlechtertrennung, die Bezeichungen der Zelte beziehen sich auf die getrennte Kleiderausgabe) und einer Schule. Das ‘Männerzelt’ und die Sanitäranlagen sind mit Strom versorgt.
Das ‘Männerzelt’, in welchem gekocht wird, steht im Zentrum des Camps. Wir nennen es manchmal auch ironisch ‘Restaurant’. Zusammen mit Kurden bereiten wir täglich Mahlzeiten zu. Die bereits vorhandene Zusammenarbeit mit Geflüchteten wird nach Möglichkeit ausgebaut (Kleiderausgabe, Zelt- und Schlafsackausgabe, Wege bauen, Mahlzeiten).
In einem kleineren Anbau werden Männerkleider abgegeben. Sehr gefragt sind Männerschuhe. Im hinteren Teil des Zeltes befindet sich die Ausgabe für Zelte, Schlafsäcke und Decken. Neuankömmlinge werden dort willkommen geheissen und mit dem Nötigsten ausgestattet. Diese Aufgabe wird meistens durch die Kurden autonom übernommen.
Im ‘Männerzelt’ werden Spenden gelagert, von denen jeden Tag neue eintreffen. Unter der Woche wird weniger gespendet als an den Festtagen und Wochenenden. Dieser Umstand stellte uns vor eine grosse logistische Herausforderung. Meistens mangelt es nicht an Kleidern, oder Nahrungsmitteln.
Das Problem bei Spendenlieferungen ist, dass diese nicht immer den Bedürfnissen der Geflüchteten entsprechen, oder nicht situationsgerecht aufbereitet wurden (sortieren von Kleidern, Jahreszeit, Haltbarkeit bei Nahrungsmitteln etc.). Andererseits ist es auch erstaunlich was Mensch alles spendet. High Heels sind beispielsweise ganz einfach nicht zu gebrauchen!
Aus diesen Gründen müssen Spenden manchmal abgelehnt werden, was teilweise zu Unverständnis bei den Spender_Innen führen kann.
Esswaren, die in der Küche nicht verwertbar sind, versuchen wir direkt bei den Leuten zu verteilen. Das Schöne daran ist, dass man somit viel näher bei den Menschen ist und die soziale Interaktion vereinfacht. Oft wird man zum Tee, oder etwa zum Essen eingeladen. Die Leute schätzen es sehr, wenn man versucht Kurdisch zu sprechen.
Die Organisation unter den Kurden ist, wie wir das wahrgenommen haben, sehr hierarchisch. Als jemand in einer höheren Machtposition verschwand, kam es infolge des daraus entstehenden Machtvakuums zu Konflikten.
Die Behörden haben sich bis jetzt nicht sonderlich bemerkbar gemacht. Nach einem Besuch des Bürgermeisters wurde wenigstens der überquellende Müllhaufen entfernt.
10 Minuten vom Camp wird ein neues aufgebaut, in welches man das bestehende migrieren möchte. Sicher ist, das im neuen Camp mit strengeren Kontrollen zu rechnen ist. Es wird auch vermutet, dass man das alte Camp ohne Polizei zügeln möchte.
Solidarität mit allen Geflüchteten!
Gegen Grenzen und Asylrechtsverschärfungen heute und auch 2016.